Reingeschaut: Gonjiam: Haunted Asylum

Ein Livestream aus der (geschaffenen) Hölle Gonjiam. Oder doch nicht?

Seit The Blair Witch Project das Kino revolutionierte, haben unzählige Filme versucht, mit wackeligen Kameras und subjektiver Perspektive den ultimativen Schrecken zu erzeugen. Oft scheitern sie an unglaubwürdigen Charakteren oder billigen Jump-Scares. Der südkoreanische Horrorfilm Gonjiam: Haunted Asylum aus dem Jahr 2018 ist jedoch ein leuchtendes Beispiel dafür, wie man es richtig macht. Er erfindet das Rad nicht neu, aber er perfektioniert die Formel zu einer der intensivsten Horror-Erfahrungen der letzten Jahre.

Die Prämisse: Klicks um jeden Preis – Worum geht es bei Gonjiam: Haunted Asylum?

Die Handlung folgt dem Team der erfolgreichen Web-Show „Horror Times“, die live im Internet Geisterjagden veranstaltet. Ihr nächstes Ziel: das verlassene Gonjiam Psychiatric Hospital, das als einer der gruseligsten Orte Koreas gilt und von zahlreichen Legenden umrankt ist. Angeführt von ihrem über das Internet zugeschalteten Captain, wollen die jungen Leute für ihre Zuschauer eine spektakuläre Show abziehen, um die magische Marke von einer Million Views zu knacken. Anfangs ist die Stimmung noch locker, man macht Witze und versucht sogar, mit kleinen Tricks die eigenen Zuschauer zu erschrecken. Doch schnell wird klar, dass die Gerüchte über Gonjiam keine leeren Schauermärchen sind.

Langsamer Aufbau, gnadenlose Eskalation

Was Gonjiam so effektiv macht, ist sein meisterhaftes Zeitmanagement. Der Film nimmt sich in der ersten Hälfte viel Zeit, um die Charaktere, ihre Motivation sowie die technische Ausrüstung (GoPros, Handkameras, Drohnen) vorzustellen. Für manche mag dieser Aufbau etwas langatmig wirken, doch er ist essenziell und spiegelt genau das wieder, was man heute auch bei Youtube und Co. sieht.

Wir lernen die Dynamik der Gruppe kennen – eine Mischung aus echtem Grusel-Enthusiasmus und zynischem Geschäftssinn. Diese anfängliche Normalität und die inszenierten „Schrecken“ legen das Fundament für den späteren, unaufhaltsamen Terror.

Wenn der Film dann das Gaspedal durchdrückt, gibt es kein Halten mehr. Die anfängliche Überheblichkeit der Gruppe zerbricht und weicht purer, ungefilterter Panik. Regisseur Jung Bum-shik verzichtet weitgehend auf CGI-Monster und setzt stattdessen auf eine beklemmende Atmosphäre, exzellentes Sounddesign und clever inszenierte Schockmomente, die sich tief ins Gedächtnis brennen. Eine Szene, in der eine Figur ein unverständliches, schnelles Gemurmel wiederholt, gehört wohl zum Unheimlichsten, was das Genre je hervorgebracht hat.

Die Stärken des Found-Footage-Formats

Gonjiam nutzt die Stärken des Found-Footage-Stils voll aus. Durch die vielen verschiedenen Kameras, deren Bilder wir oft parallel sehen (als Teil des Livestream-Layouts), fühlen wir uns als Zuschauer mittendrin. Die Gesichts-Kameras fangen die authentische Panik der Darsteller perfekt ein, während die fest installierten Kameras oft unheimliche Ereignisse im Hintergrund zeigen, die den Charakteren zunächst entgehen. Dieser Kniff sorgt für eine ständige Anspannung. Wenn die Technik zu versagen beginnt und die Lichter flackern, fühlt man sich genauso verloren und ausgeliefert wie die Protagonisten.

Kleine Schwächen im großen Ganzen

Natürlich ist auch Gonjiam nicht vollkommen frei von Kritikpunkten. Die Charaktere sind zu Beginn stereotypisch und teilweise bewusst nervig gezeichnet, was den Einstieg erschweren kann und ich gebe zu, auch ich habe anfangs überlegt, den Film wieder zu beenden, da es mich mehr genervt als unterhalten hat. Zudem ist die „Shaky-Cam“-Ästhetik nicht für jeden Magen geeignet und die Grundidee einer Geisterjagd in einer verlassenen Anstalt ist nun nicht wirklich eine neue Geschichte.

Fazit

Gonjiam: Haunted Asylum ist ein Lehrstück in Sachen Spannungsaufbau und atmosphärischem Horror. Der Film bedient sich immer wieder an Standards, führt diese aber mit einer guten Intensität und handwerklichen Brillanz aus, dass er viele seiner Genre-Kollegen weit hinter sich lässt. Die zweite Hälfte ist eine gnadenlose Tour de Force des Schreckens, nicht unbedingt brutal und blutig, aber psychisch schon anstrengend und mitunter leicht nervig, am Ende aber gelungen.

Für Liebhaber des Found-Footage-Kinos ist Gonjiam ein absolutes Pflichtprogramm. Für alle anderen ist er ein eindringlicher Beweis dafür, dass eine einfache Prämisse, exzellent umgesetzt, für mehr Albträume sorgen kann, als jedes CGI-Monster. Licht aus, Ton aufdrehen und abfahrt.

Trailer:

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Mehr Informationen

Bluray-Fakten:

  • Seitenverhältnis:‎ 16:9 – 1.85:1, 16:9 – 1.77:1
  • Alterseinstufung:‎ Freigegeben ab 16 Jahren
  • Regisseur: Bum-shik Jung
  • Medienformat:‎ Blu-ray
  • Laufzeit: ‎1 Stunde und 34 Minuten
  • Erscheinungstermin: ‎ 27. Februar 2025
  • Darsteller:‎ Je-yoon Wi, Jiah Park, Seung-wook Lee
  • Untertitel:‎ Deutsch
  • Sprache:‎ Deutsch (DTS-HD 5.1), Koreanisch (DTS-HD 5.1)
  • Studio: ‎ Busch Media Group
Kategorien: Entertainment, Reingeschaut

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